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Und dann kommt alles anders.

Kaum ein Thema wird so heftig diskutiert und verurteilt wie das “Abgeben” eines Pferdes. Ich persönlich vertrete hier voller Überzeugung die Meinung, dass es gewisse Umstände oder aber auch Pferd-Mensch-Kombinationen gibt, bei denen dieser Schritt der einzig Gute für beide Seiten ist! In meinen Seminaren werden meist mangelndes Vertrauen, Überforderung oder fehlende emotionale Beziehung, selbst nach viel gemeinsamer Zeit genannt. In all diesen Fällen und wenn trotz professioneller Hilfe durch erfahrene Trainer und Reitlehrer über längere Zeit keine Besserung in Sicht ist, finde ich eine Trennung nur fair – sich selbst und dem Partner Pferd gegenüber!

Aber wie ist es mit dem Trennungsgrund “Pferd ist für meine Interessen (aus gesundheitlichen Gründen) nicht mehr geeignet”? Spätestens jetzt werden einige von Euch sofort innerlich dagegen stimmen. “Abschiebung”, “Egoismus”, “das Pferd wird nur als Sportgerät gesehen” sind Schlagwörter die mir persönlich dazu einfallen. Ganz so einfach ist es allerdings nicht! Wir sollten uns einmal bitte klar vor Augen halten, dass die Pferde unser Hobby sind und für viele von uns “Pferdemenschen” ein wichtiger Freizeitausgleich. Nun kann man die Zeit mit dem Partner Pferd vielseitig gestalten – Reiten, Bodenarbeit, Spaziergänge, Wanderritte – und manchen genügt es, seinen Vierbeiner beim Grasen zuzusehen. Stell Dir nun einmal vor, Du bist leidenschaftlicher Reiter. Bodenarbeit ist zwar ab und an schön, allerdings nicht Deine Leidenschaft. Oder Du bist leidenschaftlicher Geländereiter. Du hast zwar schon mal an einem kleineren Turnier teilgenommen und arbeitest ab und an auch mal auf dem Reitplatz, möchtest diesen “Stress” aber keinesfalls regelmäßig. Plötzlich kannst Du aber genau dieser Leidenschaft nicht mehr nachgehen und solltest Dich genau auf die Aktivitäten beschränken, die Dir wenig Freude machen. Grund dafür ist Dein Pferd. Dir bleiben ausschließlich Aktivitäten, die zwar gelegentlich nett, aber für Dich nicht erfüllend sind. Was würdest Du tun?

Genau diese Frage musste ich mir leider zum zweiten Mal in meinem Leben stellen. Das erste Mal wurde ich mit dieser Fragestellung bei meiner Tinkerstute 2014 konfrontiert. Auf Grund geburtsbedingter, sehr schlechter Befunde musste ich sie 4jährig in “Frührente” entlassen. Regelmäßiges Training hätte sie innerhalb kürzester Zeit gesundheitlich an ihre absoluten Grenzen gebracht. Shiny wurde reines “Freizeitpferd” was bedeutet, sie kann 3-4x pro Woche für ca. 40 Minuten entspannt geritten werden, optimal geradeaus ins Gelände. Nicht mein Plan, nicht meine Leidenschaft und absolut nicht das, was mich dauerhaft glücklich macht, aber einfach nicht zu ändern. Da ich meine Tiere immer als Teil meiner Familie sehe, lebt sie nach wie vor glücklich bei uns und freut sich über ein gelegentliches Animationsprogramm durch “ihre Menschen”. Im November 2014 zog genau aus diesem Grund Snicki bei uns ein. Ich hatte endlich wieder ein Pferd mit dem ich trainieren konnte. Turniere machen mir riesig Spaß – sind aber nicht das Wichtigste in meiner Pferdewelt. Viel wichtiger ist mir das regelmäßige gemeinsame Training, das Arbeiten an Lektionen, gemeinsamer Fortschritt. Im Sommer kam dann die bittere Wahrheit – Snicki darf aus gesundheitlichen Gründen möglichst nur noch locker ins Gelände geritten werden. Platzarbeit, enge Wendungen, das bewusste Setzen auf die Hinterhand – mittelfristig alles “Gift” für ihn. Der Grund dafür liegt viele Jahre zurück und hat gut versteckt in ihm geschlummert.

Meine Welt stand Kopf in den Wochen nach dieser Wahrheit. Es fiel mir unfassbar schwer eine Entscheidung für uns beide zu treffen, denn ein drittes Pferd war keine Option! Heute sehe ich klarer. Bleiben wir in einer Beziehung, bei der langfristig immer einer zu kurz kommt, kann das auf Dauer nicht glücklich machen. Die Beziehung zu unseren Pferden ist etwas sehr ehrliches. Pferde spüren Emotionen und Stimmungen. Menschen können wir etwas vormachen, Pferden nicht. Das war für mich ausschlaggebend meine Entscheidung in unser beider Interesse zu treffen. Snicki bekommt ein neues Zuhause. Ich weiß, dass dieses Thema viele Pferdeleute beschäftigt. Alleine in den letzten Monaten, in der Zeit meiner Entscheidungsphase, habe ich viele getroffen, die Angst vor diesem Schritt haben. Die Angst vor der Meinung anderer und der Irrglaube, man selbst wäre der einzig “gute Mensch” für das eigene Pferd lähmen einen. Dazu kann ich heute folgendes aus Überzeugung sagen:

1. Du bist nicht der einzige Mensch, der Deinem Pferd ein gutes Zuhause geben kann!

Eine alte Bekannte hat vor vielen Jahren zu mir gesagt “Es ist anmaßend zu glauben, man wäre der einzige Mensch auf dieser Welt, der das Pferd glücklich machen kann.” Sie hatte Recht! Wichtig ist im Falle einer Trennung nur eines: Suche den neuen Menschen und das neue Zuhause in Ruhe und bewusst und am besten über Empfehlungen aus und sei absolut ehrlich bei der Vermittlung!

2. Menschen, denen Du etwas bedeutest und die Dich kennen, wissen, dass Du solch eine Entscheidung nicht leichtfertig triffst!

In meiner Entscheidungsphase bekam ich unglaublich viel mentale Unterstützung durch mein engstes privates Umfeld und einigen wertvollen “Beratern” aus der Pferdewelt! Keiner der Menschen, die mir nahe stehen und wichtig sind, reagierte mit Unverständnis! Sie wussten, dass ich meine Tiere liebe und immer in deren Interesse handle.

3. Menschen, die Dich verurteilen, sollten keine ?Hauptrolle? in Deinem Leben spielen!

Ab dem Zeitpunkt, ab dem ich meine Entscheidung für ein neues Zuhause für Snicki getroffen hatte, wusste ich, nicht jeder wird positiv damit umgehen. Es gibt immer Menschen, die solch einen Schritt verurteilen. Dieser Gedanke hat mich allerdings zu keiner Zeit belastet. Zum einen kann ich verstehen, dass Menschen mit völlig anders gelagerten Interessen (z.B. keine sportlichen Ambitionen) kein Verständnis haben – sie leben und fühlen schließlich nicht was ich durchlebe und fühle. Zum anderen gehört es zu meiner Lebenseinstellung, dass nicht jedermanns Meinung für mich wichtig ist. Ich unterscheide sehr bewusst, wer in meinem Lebensfilm eine “Hauptrolle” und wer die Rolle eines “Statisten” bekommt.

4. Ein Pferd zu behalten, obwohl man langfristig mit der Situation nicht glücklich ist, ist nicht fair!

Das Pferd spürt unsere Freude und Begeisterung genauso wie unsere Trauer und Frustration. Hätte es die Wahl, würde es immer Freude statt Trauer, Begeisterung statt Frustration oder Gelassenheit statt Angst wählen. Die dauerhafte Konfrontation mit negativen Emotionen ist daher nicht fair unserem geliebten Vierbeiner gegenüber. Voraussetzung ist eine absolute Ehrlichkeit sich selbst gegenüber.

5. Halte ein Pferd zu Deiner Freude ? nicht zu Deinem Leid!

Überlege Dir, was Dich glücklich macht. Sei Dir im Klaren worauf Du im Detail verzichten musst wenn Du an einer “ungünstigen Partnerschaft” festhältst und entscheide, wie wichtig Dir diese Themen tatsächlich sind. Selbstaufgabe darf nicht der Sinn unseres Hobbys sein. Tatsache ist: “Einen Tot stirbst Du immer” – wähle den, der Dir langfristig (!) weniger weh tut!

6. Am Ende wird alles gut ? ist es noch nicht gut, ist es noch nicht das Ende!

Beherzigst Du Punkt 1 – 5, wirst Du merken, was für Dich die richtige Entscheidung ist. Tatsächlich kann auch eine Trennung ein Liebesbeweis an Dein Pferd sein. Du triffst diese Entscheidung aus Respekt vor dem Tier. Ich selber habe einen Zauber erlebt, den ich vorher nicht für möglich gehalten hätte. Snicki hat seinen Menschen gefunden und die Harmonie und Zuneigung auf beiden Seiten vom ersten Moment der Begegnung an war unübersehbar! Und das Beste daran: Er ist das perfekte Pferd für sein neues “Frauchen” – und genau das zu sein, hat er verdient. Würst Du nicht auch gerne der perfekte Partner, der zu 100 % so geliebt wird wie er ist – ohne Wenn und Aber?!

Wirklich lieben, heißt einfach manchmal auch loslassen.

PS: Snicki wohnt ab Oktober in einem privaten kleinen Stall mit direktem Familienanschluss und viel Platz, nur 10 Minuten von mir entfernt. Bis dahin begleite ich ihn und sein neues “Frauchen” ins neue gemeinsame Leben. Sein Job besteht in Zukunft aus entspannten Ausritten mit seiner sehr liebevollen Besitzerin. Gesellschaft bekommt er von seinem Vorgänger, einem Rentnerpferd und einer hübschen Stute, sowie einem Minipony. Auch wenn es erst mal weh tut – am Ende wird alles gut!

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    Datum/Zeit Veranstaltung
    25/04/2024 - 27/04/2024
    16:00 - 14:00
    Intensivcoaching auf Hof Tüshaus -ausgebucht-
    Hof Tüshaus, Dorsten NRW

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